Beschreibung:
Peters promovierte 1957 an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel und habilitierte sich 1965 für die Fächer Neurologie und Psychiatrie. 1969 wurde er ordentlicher Professor an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz und war von 1979 bis 1996 Direktor der Nervenklinik an der Universität Köln. Von 1991 bis 1994 amtierte er als Präsident und Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde. Peters war Adjunct Professor for German Literature an der Cornell University in Ithaca, New York. In seinen zahlreichen Veröffentlichungen hat er auch im Grenzbereich von Medizin und Geisteswissenschaften gearbeitet, so in Werken über den Wahnsinn Hölderlins und den Robert Schumanns.
Dr. med. Lotte Köhler, Psychoanalytikerin, ist Lehranalytikerin der DPV und der Schweizerischen Gesellschaft für Psychoanalyse und Vorstand der Köhler-Stiftung zur Förderung der Wissenschaften vom Menschen.
Hans Kilian zeigt auf, dass es seit dem Ende des 19. Jahrhunderts drei aufeinanderfolgende Umbrüche der Realitätsstruktur gab: Geschichtlich-soziologisch folgt der vorindustriellen Agrargesellschaft mit ihrer patriarchalischen Herrschafts- und Rollenkultur die freie ökonomische Konkurrenzwirtschaft, die sich in den Städten konzentrierte. Die zunehmende Mechanisierung und Automatisierung führt gegenwärtig zu einem Wachstum des sogenannten tertiären Sektors der Dienstleistungsberufe und der postindustriellen Gesellschaft.
Um psychoanalytisch gewonnene Kenntnisse unbewusster Motivationen (z.B. Selbsterhaltung, Selbstachtung, Ängste, Werte) richtig zu interpretieren, müssen auch die zugrunde liegenden Theorien dem geschichtlichen Verlauf entsprechend revidiert werden. Freud ist dem Umbruch nach dem Ersten Weltkrieg mit einer Änderung seiner Theorie gefolgt. Den aktuellen Veränderungen wird die "Selbstpsychologie", die Heinz Kohut in den 1970er Jahren entwarf, am ehesten gerecht.
Die psychoanalytischen Theorien werden von L. Köhler dargestellt. Dabei nimmt die noch wenig bekannte Selbstpsychologie - ebenso wie im Beitrag von U.H. Peters zur Werkbiografie Heinz Kohuts - breiten Raum ein.
Nicht nur für Psychoanalytiker, sondern auch für Fachleute der Wirtschaft, für Journalisten und Politiker sind die in diesem Buch dargelegten Zusammenhänge, vertieft durch neuere psychoanalytische Erkenntnisse, von großer Bedeutung.
Der Mensch wird durch seine Umwelt, die Gesellschaft und deren Normen, geformt. Umgekehrt werden aber auch die Normen der Gesellschaft durch die menschlichen Individuen verändert. Den augenblicklich stattfindenden gesellschaftlichen Veränderungen wird die Selbstpsychologie, wie sie Heinz Kohut entwickelt hat, so die These Hans Kilians, eher gerecht, als die klassischen Freud'schen Theorien.
Inhalt
Vorbemerkung
Von der Freud'schen Psychoanalyse zur Selbstpsychologie Heinz Kohuts
Eine Einführung
Lotte Köhler
Das topografische Modell Freuds
Die Strukturtheorie bzw. Ich-Psychologie
Die Bedeutung der Entwicklungspsychologie
Die Bedeutung der Übertragung
Die Behandlungstechnik auf Grundlage der Strukturtheorie
Die Unterscheidung von Ich und Selbst
Die Selbstpsychologie Heinz Kohuts
Die Stellung der Selbstpsychologie innerhalb der Psychoanalyse
Freuds Seelenmodell und die veränderte historische Situation
Wie heilt die Psychoanalyse?
Das Selbst als Mittelpunkt der klinischen Arbeit
Die Entstehung des Selbst
Das "bipolare Selbst"
Die Bedeutung der Empathie
Was ist Empathie?
Wie entsteht Empathie?
Empathie als wissenschaftliches Erkenntnisinstrument
Das Konzept des Selbstobjektes
Definition des Begriffes "Selbstobjekt"
Die Entwicklungslinie des Selbstobjektes
Diskussion und heuristischer Wert des Selbstobjekt-Begriffes
Die Bedeutung des Selbstobjekt-Konzeptes für die psychoanalytische Behandlung
Weitere Schlussfolgerungen für die Praxis
Selbstobjekt-Übertragungen
Anwendungsmöglichkeiten des Kohut'schen Modells jenseits der Psychoanalyse
Perspektiven des Kohut'schen Modells jenseits der Analyse
Der historische Wandel im Denken und Deuten der Psychoanalyse
Hans Kilian
Die Metamorphose der menschlichen Lebenswelt während der letzten 100 Jahre
Die fehlende Synchronisierung von mentaler Innenwelt und sozialer Außenwelt führt zur Modellkrise der Psychoanalyse
Theorien, Denkmodelle und Deutungsmuster der traditionellen Neurosenlehre und Metapsychologie
Die psychohistorisch bedingte Modellkrise der Psychoanalyse
Drei Stadien des sozioökonomischen Wandels seit dem Ende des 19. Jahrhunderts und dessen Folgen
Die Geschichte der Veränderungen des Selbst
Unterschiedliche Formen der Empathie
Der Einfluss des sozioökonomischen Wandels auf Freuds psychoanalytische Theorie und Praxis
Das topografische Modell
Die vom topografischen Modell abgeleitete psychoanalytische Deutungstechnik
Die Strukturtheorie und die daraus abgeleitete psychoanalytische Deutungstechnik
Der Beginn der postindustriellen Gesellschaft: Neue Krankheitsbilder
Eine postpatriarchale Psychoanalyse: Die Selbstpsychologie Heinz Kohuts
Die Bedeutung des psychohistorischen Gesichtspunktes für die psychoanalytische Theorie und Praxis
Die psychohistorische Geburt eines postpatriarchalen Selbst
Das fragmentierte Selbst und die psychoanalytische Emigration
Zur Werkbiografie von Heinz Kohut
Uwe Henrik Peters
Der zweite Bruch
Die Heilung des Selbst
Das Selbst selbst
Rezeption der Schriften Kohuts
Schluss