Redaktionelle Rezensionen
Jeder, der mit einer Antiquitätenfamilie gesegnet ist, weiß, wovon Anton redet. Generationen von Vorfahren haben hübsche, alte Dinge hinterlassen, und in der Jetzt-Zeit angekommen und hat man einen Haufen mehr oder weniger kostbarer Möbel, die alles andre als hip sind. Wir sprechen von Truhen, Vertikos, Biedermeierbetten und Sofas, die zwar farblich unauffällig sind, aber steif wie Böcke. Bei Anton zuhause kann man sie finden, diese Möbel, die er hasst genauso wie seine Schwester Ida, die zusätzlich anstrengende 13 Jahre alt ist. Der dreijährige Bruder Mumin, eigentlich Michel, kann dazu nicht viel sagen, sein Weltbild ist noch von anderen Interessen geprägt. Aber es stehen Sommerferien ins Haus, und weil ihre Großen ausnahmsweise einer Meinung sind, wird die Mama, die als Übersetzerin mühsam die Familienbrötchen verdient, mit einer Überraschung konfrontiert, die sie ziemlich schlucken lässt. Die Kinder wollen nicht ans Meer, sondern für den Preis, den man so sparen kann, neue, total modern eingerichtete Zimmer. Unendlich sich wiederholende Fahrten zu einem Möbelhaus, dessen Anfangs- und Endbuchstaben unschwer zu erraten sind, zermürben den Frieden ein wenig, denn die Qual der Wahl erschwert und verzögert die Einrichtung der Zimmer nervtötend. Jedenfalls so lange, bis die kluge Mama einen Plan fasst: wie wär's mit Ferien im Möbelhaus. Was zunächst unmöglich scheint, wird ganz systematisch entwickelt und wird zum Beginn einer herrlichen Versteckkomödie. Dass dabei selbstverständlich weiteres Personal ins Spiel kommt, liegt in der Natur der Sache. Wo Chaos ist, wird noch mehr Chaos produziert. Der Ton in dieser Geschichte ist herrlich locker und humorig, nicht selten schleusen sich kleine Weisheiten ein, die man direkt ins richtige Leben übertragen kann. Dieser Kinderroman ist ein echter Wurf in Sachen skurriles Alltagsmanagement mit richtig sattem Happy end. Und was aus dem kackbraunen Sofa, dieser "Lady mit Vergangenheit" wird, das kann man hier nicht verraten, denn ein wirklich gutes Kinderbuch wie dieses reizt alles bis zum Schluss aus. Schade, dass das Cover so fad daher kommt ... aber das ist wirklich der einzige Wehrmutstropfen.
Gabriele Hoffmann (Leanders Leseladen, Heidelberg)