Das Herz europaschwer

Das Herz europaschwer
Heimwehgeschichten aus Südamerika
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Artikel-Nr:
9783854524052
Veröffentl:
1997
Seiten:
192
Autor:
Fritz Kalmar
Gewicht:
356 g
Format:
210x168x32 mm
Sprache:
Deutsch
Beschreibung:

Fritz Kalmar wurde 1911 in Wien geboren. Jurist. 1938 nach Bolivien, wo er 1941 die Exilorganisation »Federación de Austríacos Libres en Bolivia« mitbegründete. Zusammen mit dem österreichischen Regisseur Georg Terramare und der Schauspielerin Erna Terrel rief er 1942 in La Paz eine deutschsprachige Bühne ins Leben. Ab 1953 in Uruguay ansässig, wo er 2008 verstarb. Bühnen- und Regiearbeit. Zahlreiche Veröffentlichungen. Im Picus Verlag erschien sein Buch »Das Herz europaschwer. Heimwehgeschichten aus Südamerika« (1997).
Warten ist kein Tun, eher ein Zustand. Arnold Werber wertete nicht nur, wenn er vom Ufer aus den Schiffen entgegenblickte. Druch sein ganzes Leben zog sich, wie ein dünner Faden, das Warten, bei der Arbeit, beim Zeitunglesen, bei den Mahlzeiten, in Gesprächen mit Bekannten oder mit seiner Tochter, der Psychologin, die nach der Scheidung ihrer Ehe wieder bei ihm wohnte. Wie ein winziges Samenkorn saß das Warten in ihm, er merkte es kaum; aber am Anlegeplatz der Schiffe, da blühte es auf, wurde zu einer Stacheldistel, da fühlte er es brennen. Nur ließ er es nicht gelten, er verleugnete es. Wollte einer der Hafenarbeiter, die ihn längst kannten, wissen, was ihn denn so häufig hierherführte, so gab er eine freundliche, nichtssagende Antwort. Fragte ihn ein Bekannter, denn manche hatten ihn schon mehrmals am Kai gesehen, worauf er eigentlich warte, dann antwortete er kurz und abweisend 'Auf nichts!' Manchmal ergänzte er diese lapidare Auskunft, indem er trotzig hinzufügte: 'Worauf soll ich warten? Ich bin stolz darauf, auf nichts zu warten. Ich will von der Vergangenheit nichts wissen, ich habe Schluß gemacht.' Daß ihm da ein verräterischer Denkfehler unterlief, wurde ihm nicht bewußt. Warten kann man nur auf Künftiges, nicht auf Vergangenes. Aber seine Antwort hatte nichts mit Denken zu tun, sie war eine Blase des dunklen Gefühlsgebrodels, dessen Vorhandensein er vehement abgestritten hätte, wäre ihm je der Verdacht gekommen, daß es dergleichen in seiner Seele geben könnte.

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