Judith und Hamnet

Judith und Hamnet
Roman | Ausgezeichnet mit dem Women's Prize for Fiction 2020 und British Book Award 2021, Originaltitel:Hamnet
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Artikel-Nr:
9783492070362
Veröffentl:
2020
Erscheinungsdatum:
14.09.2020
Seiten:
416
Autor:
Maggie O’Farrell
Gewicht:
538 g
Format:
204x129x40 mm
Sprache:
Deutsch
Beschreibung:

Maggie O'Farrell, 1972 in Nordirland geboren, zählt zu den wichtigsten irisch-britischen Autorinnen ihrer Generation. Sie wurde mit dem Somerset Maugham Award und dem Costa Book Award ausgezeichnet. Ihr Roman »Judith und Hamnet« gewann den Women's Prize for Fiction 2020, den National Book Critics Circle Award 2020 sowie den British Book Award 2021 für den besten Roman. Auch »Porträt einer Ehe« stand 2023 auf der Shortlist für den Women's Prize for Fiction und war ein Sunday-Times-Bestseller.

Anne-Kristin Mittag, 1988 geboren, ist als freie Übersetzerin und Lektorin in München tätig. Sie hat u. a. Ocean Vuong und Naoise Dolan ins Deutsche übersetzt.

Über ein halbes Jahr in den Top 10 der Sunday Times

Einer der fünf besten Romane des Jahres der New York Times

»Maggie O'Farrell erzählt eine der spannendsten Geschichten überhaupt: die Geschichte, wie aus Leben Literatur wird. Magisch!« Denis Scheck

Agnes sieht ihn und weiß: Das wird er sein. Dabei ist der schmächtige Lateinlehrer aus Stratford-upon-Avon noch nicht einmal achtzehn. Egal, besser, sie küsst ihn schnell. Besser, sie erwartet ein Kind, bevor ihr einer die Heirat verbieten kann. Vierzehn Jahre später sind es drei Kinder geworden. Doch wie sollen sie auskommen, solange ihr Mann wer weiß was mit diesen Theaterstücken treibt? Er ist in London, als der elfjährige Hamnet die Beulen am Hals seiner Zwillingsschwester Judith ertastet. Als Agnes im Blick ihres Sohnes den Schwarzen Tod erkennt.
Maggie O'Farrell entdeckt den bedeutendsten aller Dramatiker neu, als Liebenden und als Vater. Vor allem aber erzählt sie zum ersten Mal die unvergessliche Geschichte seiner eigensinnigen, zärtlich kühnen Frau: Agnes.

»Judith und Hamnet verknüpft auf grandiose Weise Liebe und Tod, untröstliche Trauer und Hoffnung, Hamnets einsames Sterben und sein Fortleben im Werk des abwesenden Vaters.« Frankfurter Allgemeine Zeitung

»Maggie O'Farrell ist eine absolute Ausnahmeerscheinung. Offenbar kann sie beim Schreiben so ziemlich alles tun, was sie will.« The Guardian

»Judith und Hamnet ist ein brillanter Roman.« Süddeutsche Zeitung

»O'Farrells Geniestreich besteht darin, die Spärlichkeit der Informationen über Shakespeares Privatleben als literarische Chance zu begreifen - und in der Verbindung, die sie zwischen seinem toten Sohn und seinem großartigsten Stück herstellt.« The New York Times

»Was Maggie O'Farrells Schaffen auf eine andere Stufe hebt, sind ihre scharfsinnige Beobachtungsgabe und ihre Figuren, so herzzerreißend lebendig, dass man sie manchmal direkt in den Arm nehmen will.« The Sunday Times

»Es gibt Bücher, die stoßen eine Tür auf und schubsen einen hinein in ein Jetzt, das so nah, so absolut erscheint wie der eigene Herzschlag. Jede Zeile hat bei Maggie O'Farrell etwas Pulsierendes, und zugleich spürt man in jedem Moment, wie fragil der Lebensstrom ist und dass jede Fülle plötzlich vorbei sein kann.« Brigitte

»Maggie O'Farrell gelingt es meisterlich, sich in die Gefühle von Agnes, einer Frau, die im 16. Jahrhundert lebte, hineinzuversetzen.« Deutschlandfunk

»Eine zu Tränen rührende und doch tröstliche Geschichte über Liebe und Tod in Pandemie-Zeiten.« MDR Kultur

»Ein Buch wie ein schimmerndes Wunder.« David Mitchell

Die Tragödie hinter Shakespeares »Hamlet«
»Ein Buch wie ein schimmerndes Wunder.« David Mitchell

I

Ein Junge kommt eine Treppe herunter.

Der Abgang ist schmal und macht einen scharfen Knick. Der Junge nimmt, indem er sich an der Wand entlangschiebt, eine Stufe nach der anderen mit polternden Stiefelschritten.

Beinahe am Fuß der Treppe hält er kurz inne und schielt noch einmal über die Schulter hinauf, ehe er kurz entschlossen die letzten drei Stufen überspringt, wie er es immer tut. Beim Aufkommen stolpert er und schlägt mit den Knien auf dem Steinfußboden auf.

Es ist ein drückender, windstiller Tag im Spätsommer. Lange Bahnen aus Licht fallen durch das Zimmer im Erdgeschoss, und von draußen brennt die Sonne herein, sodass die Fenster wie vergitterte Platten Gelb im Putz leuchten.

Er steht auf und reibt sich die Knie. Blickt hierhin, die Treppe hoch. Blickt dorthin, ratlos, welchen Weg er einschlagen soll.

Das Zimmer ist leer. Nur das Feuer schwelt auf seinem Rost vor sich hin, orangefarbene Glut unter zart aufsteigenden Rauchspiralen. Die wunden Knie des Jungen pochen im Takt seines Herzschlags. Er verharrt mit einer Hand auf dem Riegel der Treppentür, die verschrammte lederne Spitze seines Stiefels in der Luft, bereit zum Sprung, zur Flucht. Seine hellen, beinahe goldenen Haare stehen ihm in kleinen Büscheln vom Kopf ab.

Es ist niemand da.

Er seufzt, atmet tief die warme, staubige Luft ein und geht durchs Zimmer zur Haustür und auf die Straße hinaus. Vom Lärm der Wagen, Pferde, Händler und anderen Menschen, die einander zurufen, von einem Mann, der einen Sack aus dem ersten Stock wirft, bekommt er nichts mit. Der Junge schlendert am Haus entlang und in den nächsten Eingang hinein.

Bei seinen Großeltern riecht es nach der ewig gleichen Mischung aus Holzrauch, Politur, Leder und Wolle, ähnlich und doch auf unbestimmbare Weise anders als in dem angrenzenden Zweizimmerhäuschen, das sein Großvater in eine schmale Lücke neben das größere Haus gebaut hat. Dort wohnt der Junge mit seiner Mutter und seinen Schwestern. Manchmal wundert er sich darüber, schließlich sind die beiden Wohnungen nur durch eine dünne Flechtwand getrennt, und trotzdem hat die Luft hier eine andere Note, einen anderen Geruch und eine andere Temperatur.

In diesem Haus pfeift es förmlich, so quirlig ist der Durchzug, so laut das Klopfen und Hämmern aus der Werkstatt seines Großvaters, das Pochen und Rufen der Kunden am Fenster, das lärmende Treiben auf dem Hinterhof, das Kommen und Gehen seiner Onkel.

Doch heute nicht. Der Junge steht im Durchgang und lauscht auf ein Lebenszeichen. Von hier aus kann er erkennen, dass die Werkstatt zu seiner Rechten leer ist. Die Hocker an den Werkbänken sind verwaist, die Werkzeuge liegen unbenutzt da, während die Handschuhe auf der Ablage daneben aussehen wie absichtlich hinterlassene Handabdrücke. Das Verkaufsfenster ist geschlossen und fest verriegelt. Niemand ist im Speisezimmer zu seiner Linken. Auf dem langen Tisch ein Stoß Servietten, eine unangezündete Kerze, ein Haufen Federn. Mehr nicht.

Aus seiner Kehle dringt ein Ruf, ein fragendes Geräusch. Einmal, zweimal gibt er diesen Laut von sich und wartet mit schief gelegtem Kopf auf eine Antwort.

Nichts. Nur das Knarren von Holzbalken, die sich sanft in der Sonne ausdehnen, das Seufzen eines Lufthauchs unter Türen und von Zimmer zu Zimmer, das Wispern von Leintüchern, das Knacken des Feuers, die unbestimmbaren Geräusche eines Hauses, das im Stillstand ist, leer.

Seine Finger krampfen sich um das Eisen der Türklinke. Die Hitze des Tages treibt ihm selbst jetzt noch den Schweiß auf die Stirn und den Rücken hinunter. Der Schmerz in seinen Knien wird stärker, stechend und verfliegt wieder.

Der Junge öffnet den Mund. Einen nach dem andern ruft er die Namen aller, die hier wohnen. Seine Großmutter. Die Magd. Seine Onkel. Seine Tante. Den Lehrling. Seinen Großvater. Der Junge probiert sie nacheinander durch, und kurz kommt ihm sogar der Gedanke, seinen Vater zu rufen,

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